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Die Begrenzung von Nutzungsentgelten für geförderte Energieerzeugungsanlagen30 June 2025

"Ziel dieser Begrenzung ist es, übermäßige Nutzungsentgelte zu verhindern und eine gerechtere Verteilung der Vorteile der Energiewende zu gewährleisten."

Im Koalitionsvertrag der CDU/CSU/SPD-Regierung, Randziffer 1045, findet sich folgende Aussage: “Die zulässige Höhe der Flächenpachten für im EEG geförderte Anlagen werden wir begrenzen“.

Demnach will die Regierung die Höhe der Nutzungsentgelte für Flächen, auf denen im Rahmen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) geförderte Anlagen wie Solarparks oder Windkraftanlagen errichtet werden, staatlich regulieren. Die Verwendung des Begriffs „Flächenpachten“ erscheint irreführend, denn bei Nutzungsverträgen über zur Energieerzeugung überlassene Flächen handelt es sich nach der herrschenden Rechtsprechung nicht um Pacht, sondern um gewerbliche Mietverträge, weshalb wir von „Nutzungsentgelten“ sprechen sollten.

Ziel dieser Begrenzung ist es, übermäßige Nutzungsentgelte zu verhindern und eine gerechtere Verteilung der Vorteile der Energiewende zu gewährleisten, zum Beispiel durch niedrigere Strompreise. Konkret bedeutet dies, dass es eine Obergrenze für Nutzungsentgelte geben soll, die Landwirte oder andere Grundstückseigentümer von Betreibern geförderter Energieanlagen verlangen können. Die Begründung für eine solche Maßnahme dürfte sein, dass hohe Nutzungsentgelte die Wirtschaftlichkeit von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien beeinträchtigen und so die Energiewende erschweren können. Dies könnte den Ausbau erneuerbarer Energien verlangsamen und die Energiewende gefährden. Durch die Begrenzung der Nutzungsentgelte soll sichergestellt werden, dass die staatliche Förderung der Energiewende trotz großer technologischer Fortschritte bei der erneuerbaren Energieerzeugung nicht in erster Linie Flächeneigentümern zugutekommt, sondern tatsächlich Anreize für weitere Investitionen in den Ausbau erneuerbarer Energieanlagen schafft.

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"Die Beteiligten finden im Wege der Privatautonomie zu effizienten Lösungen durch im Wesentlichen freie Nutzungsvertrags-verhandlungen."

Aus unserer Praxis bei der Beratung zahlreicher Energieprojekte für Projektentwickler und Investoren können wir bestätigen, dass von Seiten der Eigentümer zuletzt häufig sehr hohe Entgelte gefordert werden. Dies ist möglich, da geeignete Flächen zur Umsetzung von Energieprojekten eine rare Ressource darstellen und sich meistens mehrere Wettbewerber dafür interessieren, dort Energieprojekte zu entwickeln. Einige Eigentümer kommen deshalb zunächst mit einem „ganzen Blumenstrauß“ (O-Ton eines Eigentümers) an Vergütungsforderungen und möchten ein maximales Nutzungsentgelt erlangen. Wenn man bedenkt, dass für den Standort eines Windrads vielerorts gut sechsstellige Beträge an jährlicher Vergütung fällig werden, obwohl die landwirtschaftliche Nutzung der Flächen kaum eingeschränkt wird, ist nachvollziehbar, dass die Bundesregierung hier augenscheinlich ein Problem sieht.

Aus marktwirtschaftlicher Sicht könnte man einwenden, dass sich in unserem System der Preis aus Angebot und Nachfrage im freien Spiel der Kräfte bildet. Die Nutzung der Fläche kostet dann eben den Preis, den ein Betreiber von Energieanlagen bereit ist, dafür zu zahlen. Die Beteiligten finden im Wege der Privatautonomie zu effizienten Lösungen durch im Wesentlichen freie Nutzungsvertragsverhandlungen. Andererseits hat der Staat gerade dann, wenn er mit Subventionen wirtschaftliche Entwicklungen lenken möchte, die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass diese staatlich gelenkten Anreize auch dort ankommen, wo sie am besten wirken können – schließlich subventioniert der Staat den Ausbau der erneuerbaren Energien mit Steuergeld und sollte damit zielgerichtet und kostenbewusst umgehen.

Juristisch ist das Thema allerdings nicht ganz einfach aufzulösen. Über den eingangs zitierten Satz im Koalitionsvertrag hinaus ist bislang sehr wenig über die konkrete Ausgestaltung bekannt. Wie die Bundesregierung dieses Vorhaben umsetzen möchte, bleibt also offen. Eine verfassungsändernde Mehrheit im Bundestag und Bundesrat hat die Bundesregierung ohne Grüne oder Linke nicht. Dies ist auch nicht erforderlich, wenn sie der Höhe nach begrenzte Nutzungsentgelte durch eine Änderung der Voraussetzungen für eine Teilnahme an einer Ausschreibung für die Gewährung von EEG-Einspeisevergütung erreichen könnte. Vielleicht muss der Gesetzgeber also gar nicht tief in die Privatautonomie bzw. das gewerbliche Mietrecht im BGB eingreifen, sondern kann einfach Grenzen an der Stelle setzen, wo das staatliche Fördersystem ansetzt. Wahrscheinlich wird die Bundesregierung versuchen, die Auszahlung von EEG-Einspeisevergütung an Betreiber von Energieanlagen auch an bestimmte Mindestanforderungen an die Nutzungsverträge zu knüpfen.

"Wahrscheinlich wird die Bundesregierung versuchen, die Auszahlung von EEG-Einspeisevergütung an Betreiber von Energieanlagen auch an bestimmte Mindestanforderungen an die Nutzungsverträge zu knüpfen."

Doch welche Regelung könnte festschreiben, welche Nutzungsvergütungen höchstens geleistet werden können, und wie soll das über die lange Laufzeit der meist für 30 Jahre abgeschlossenen Nutzungsverträge festgezurrt werden? Ein „Nutzungsentgelt-Audit“ mit jährlicher Abfrage der gezahlten Beträge würde viel Verwaltungsaufwand verursachen und erscheint nicht praktikabel. Wegen des Textformerfordernisses der Nutzungsverträge über Flächen zur Energieerzeugung könnte es allerdings ausreichen, wenn die Teilnehmer an EEG-Auktionen die Einhaltung bestimmter Standards gegenüber der Bundesnetzagentur verbindlich zusagen müssten. Dann wäre gesichert, dass während der Vertragslaufzeit der Nutzungsverträge ohne Zustimmung der Betreiber keine Erhöhung von Nutzungsentgelten vorgenommen würde, die nicht bereits im Nutzungsvertrag angelegt ist. Ob weitere Kontrollen erforderlich sind, muss die Praxis zeigen. Durch die verbreiteten Due Diligence Prüfungen durch Erwerber oder finanzierende Banken dürfte sich hier schnell ein Marktstandard herausstellen, der auf die Einhaltung dieser Vorgaben Wert legt, um eine langfristige EEG-Einspeisevergütung zu sichern.

Der Staat hat bereits Erfahrungen mit der staatlichen Begrenzung von Nutzungsentgelten gesammelt – nämlich auf dem Gebiet der Mietpreisbremse. Zwar handelt es sich hier um sehr unterschiedliche Regelungsgegenstände, denn die Mietpreisbremse soll der direkten oder indirekten Verdrängung wirtschaftlich weniger leistungsfähiger Bevölkerungsgruppen aus stark nachgefragten Wohnquartieren entgegenwirken, wohingegen die Begrenzung von Nutzungsentgelten verhindern soll, dass EEG-Mittel überproportional den Landeigentümern zufließen. Es gibt trotzdem Aspekte, die sich vergleichen lassen.  So sind im Rahmen der Mietpreisbremse Mechanismen festgelegt worden, um zu entscheiden, ab wann eine Wohnungsmiete überhöht ist. Eine solche Aufgabe würde sich auch stellen, wenn es darum geht, um gegen überhöhte Nutzungsentgelte vorzugehen.

Wie aber könnte ein Begrenzungsmodell für Nutzungsentgelte aussehen? Einen „Energieanlagenspiegel“ gibt es jedenfalls derzeit nicht. Kommt es zukünftig zu einer Kategorisierung von Wind- und Solargebieten? Aus Betreiber/Entwicklersicht wären die Straßenanbindung und Netzanschlussbedingungen vor Ort, Wind-, Licht- und Bodenverhältnisse für eine Entgeltfindung interessant. Wenig konkret an dieser Stelle bleibt bislang der Bundesverband Windenergie (BWE): Bei der Umsetzung des Begrenzungsmodells von Nutzungsentgelten seien die Anknüpfung an die Ausschreibung und der richtige Kontrollmechanismus „wichtig“. Hierbei bevorzuge der BWE ein Modell mit Zuschlagsverlust bei Verstoß gegen die Referenzvergütung. Es bleibt also abzuwarten, welche Kriterien der Gesetzgeber hier als zulässig erachten wird und wie eine „Referenzvergütung“ für welche regionalen Gebiete ermittelt werden könnte.

"Sofern ein Begrenzungsmodell für Energieerzeugungsanlagen, die EEG-Einspeisevergütung erhalten sollen, von der Bundesregierung tatsächlich umgesetzt wird, wären bestehende Nutzungsverträge von den Parteien erstmal einzuhalten."

Solche (noch zu entwickelnden) Begrenzungsregelungen dürften wegen des Bestandsschutzes der bereits geschlossenen Nutzungsverträge nur zukünftige, also nicht bereits geschlossene Nutzungsverträge betreffen. Dies wäre für Landeigentümer ein Argument dafür, möglichst jetzt Fakten zu schaffen und Verträge zu den verhandelten Konditionen abzuschließen. Sofern ein Begrenzungsmodell für Energieerzeugungsanlagen, die EEG-Einspeisevergütung erhalten sollen, von der Bundesregierung tatsächlich umgesetzt wird, wären bestehende Nutzungsverträge von den Parteien erstmal einzuhalten. Wenn Projekte durch die neuen EEG-Regelungen unwirtschaftlich werden, weil die Betreiber nicht die benötigte EEG-Einspeisevergütung erhalten können, die für den rentablen Betrieb der WEA notwendig ist, hätte der jeweilige Betreiber/Projektentwickler im Regelfall ein Rücktrittsrecht vom Vertrag bzw. könnte versuchen, mit dem Landeigentümer nachzuverhandeln, um das Projekt nicht untergehen zu lassen.

Zu einer automatisch wirksamen Reduzierung bereits vertraglich festgelegter Nutzungsentgelte wird es nach unserer Einschätzung nicht kommen. Dies wäre ein zu weitgehender Eingriff in privatautonome Verträge. Wenn bei bereits abgeschlossenen Nutzungsverträgen mit hohen Nutzungsentgelten jedoch aufgrund der zu erwartenden Begrenzungsregelungen die spätere Erlangung einer EEG-Einspeisevergütung ausgeschlossen wäre, könnten solche Projekte mit hohen vertraglichen Nutzungsentgelten auf dem Prüfstand stehen – und durchfallen.

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