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Bundesarbeitsgericht begrenzt den datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch bei E-Mails 28 April 2021

Das Bundesarbeitsgericht hat mit seinem Urteil vom 27. April 2021 erstmals den Auskunftsanspruch von Arbeitnehmern (m/w/d) nach Art. 15 DSGVO etwas begrenzt. Arbeitnehmer können danach nicht pauschal die Herausgabe von Kopien sämtlicher E-Mails verlangen, deren Absender oder Empfänger der Arbeitnehmer war oder die seinen Namen enthalten. Die gewünschten Unterlagen müssen vielmehr durch den Arbeitnehmer hinreichend bestimmt werden.

Hintergrund

Der datenschutzrechtliche Anspruch auf Auskunft und Überlassung von Kopien von personenbezogenen Daten nach Art. 15 DSGVO spielt eine zunehmende Rolle in arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen. Arbeitgeber verarbeiten in ihren Systemen meist eine Vielzahl unterschiedlicher personenbezogener Daten von Arbeitnehmern. Die Erfüllung des Anspruchs nach Art. 15 DSGVO ist regelmäßig mit einem erheblichen Aufwand für Arbeitgeber verbunden, vor allem bei der Zusammenstellung und Prüfung von Unterlagen für den Anspruch auf Kopien von personenbezogenen Daten. Hinzu kommt die Rechtsunsicherheit über die genaue Reichweite des Anspruchs.

Fehler bei der Erfüllung von Auskunftsansprüchen können sich gegenüber Arbeitnehmern und Behörden auswirken. Bei einer nicht rechtzeitigen oder unvollständigen Beantwortung von Auskunftsansprüchen können Arbeitnehmern Schadensersatzansprüche zustehen, ohne dass sie einen tatsächlichen wirtschaftlichen Schaden erleiden (sog. immaterieller Schadensersatz). Arbeitsgerichte haben Arbeitnehmern hierfür bereits Schadensersatzansprüche in vierstelliger Höhe zugebilligt. Des Weiteren stellt die Verletzung des Auskunftsanspruchs des Art. 15 DSGVO eine Ordnungswidrigkeit dar, für die grundsätzlich der Bußgeldrahmen von bis zu EUR 20 Mio. bzw. 4% des weltweiten Umsatzes gilt.

Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht hat offengelassen, ob der Anspruch auf Überlassung einer Kopie gemäß Art. 15 Abs. 3 DSGVO die Erteilung einer Kopie von E-Mails umfassen kann. Jedenfalls muss ein Kläger, soweit ein solcher Anspruch besteht, seinen Anspruch mit einem hinreichend bestimmten Klageantrag oder einer Stufenklage geltend machen. Denn bei einer Verurteilung zur Überlassung von Kopien des E-Mailverkehrs des Klägers und der E-Mails, die den Kläger namentlich erwähnen, würde unklar bleiben, von welchen E-Mails im Einzelnen Kopien zur Verfügung zu stellen wären. Im Falle einer Zwangsvollstreckung könnte nicht sichergestellt werden, ob die Beklagte ihre Pflicht zur Überlassung der Kopien vollständig erfüllt hätte.

Fazit

Das Bundesarbeitsgericht hat mit diesem prozessrechtlichen Erfordernis eine faktische Grenze nur für den einfachen Missbrauch des Anspruchs nach Art. 15 DSGVO gezogen. Für die Geltendmachung von weitergehenden Ansprüchen auf Kopien gegen Arbeitgeber wird damit zukünftig zumindest ein gewisser Aufwand erforderlich sein.

Das Bundesarbeitsgericht hat jedoch nicht über die Pflicht zur Überlassung von Kopien von E-Mails als solche entschieden. Eine endgültige Entscheidung zu dieser Frage wird vermutlich erst der EuGH treffen. Es bleibt zu hoffen, dass er den Arbeitgebern bei langjährigen Arbeitsverhältnissen nicht aufgibt, viele tausende E-Mails auf herausgabewürdiges Material zu prüfen und ggf. detailliert zum Schutz Dritter zu schwärzen.

Bis die genaue Reichweite des Anspruchs auf Überlassung von Kopien von E-Mails geklärt ist, ist davon auszugehen, dass gekündigte Arbeitnehmer den datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch weiter als Druckmittel für hohe Abfindungen nutzen.