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Novelle des Windenergie-auf-See-Gesetzes3 December 2020

Am 5. November 2020 hat der Bundestag in der 2./3. Lesung die Änderung des Gesetzes zur Entwicklung und Förderung der Windenergie auf See („WindSeeG“) – zusammen mit dem Investitionsbeschleunigungsgesetz für den schnelleren Ausbau der Windenergie an Land – beschlossen. Kern der Novelle ist eine deutliche Erhöhung des Ausbauziels bis zum Jahr 2030 auf 20 Gigawatt. Zudem sieht das Änderungsgesetz ein langfristiges Ausbauziel von 40 Gigawatt bis zum Jahr 2040 vor. Hierfür werden die Ausschreibungsvolumina erheblich angehoben. Die zunächst angedachte Einführung einer zweiten Gebotskomponente im Fall mehrerer sog. Null-Cent-Gebote wurde im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens vorerst wieder verworfen, sodass jedenfalls in der nächsten Ausschreibungsrunde im Herbst 2021 bei mehreren Null-Cent-Geboten das Los über einen Zuschlag entscheidet.

"Das geänderte WindSeeG soll diesen Ausbaupfad absichern und den Akteuren Planungssicherheit geben, nicht zuletzt im Interesse des Klima- und Umweltschutzes."

Parallel läuft derzeit das Gesetzgebungsverfahren zur Änderung des Gesetzes für den Ausbau erneuerbarer Energien („EEG“), welches am 1. Januar 2021 in Kraft treten soll. Dieses Briefing behandelt das neue WindSeeG, während die mit dem neuen EEG einhergehenden Änderungen insbesondere für die übrigen erneuerbaren Energien nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens in einem separaten Briefing beleuchtet werden sollen.

Überblick

Das Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung sieht eine Anhebung des Ausbauziels für Windenergie auf See von 15 Gigawatt auf 20 Gigawatt Leistung bis 2030 vor. Das geänderte WindSeeG soll diesen Ausbaupfad absichern und den Akteuren Planungssicherheit geben, nicht zuletzt im Interesse des Klima- und Umweltschutzes.

Angesichts der langen Planungs- und Genehmigungszeiträume für Offshore-Windenergieanlagen und entsprechende Offshore-Anbindungsleitungen sollen die gesetzlichen Rahmenbedingungen durch die entsprechende Änderung des WindSeeG und anderer relevanter Vorschriften möglichst frühzeitig geschaffen werden. Über den Fortschreibungsprozess der maritimen Raumordnung („MRO“) werden derzeit Szenarien erörtert, wie ein Zubau weiterer Offshore-Windenergieanlagen nach dem Jahr 2030 aussehen könnte. Vor diesem Hintergrund formuliert das Gesetz auch erstmals ein Langfristziel von 40 Gigawatt Offshore-Windenergie für das Jahr 2040. Dieses Fernziel beruht dabei auf einer Bedarfsabschätzung und wird technisch und räumlich für zwar ambitioniert, aber möglich gehalten.

Umsetzung des erhöhten Ausbauziels

Die sog. Offshore-Vereinbarung zwischen dem Bund, den Küstenländern Hansestadt Bremen, Hansestadt Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein sowie den Übertragungsnetzbetreibern 50Hertz, Amprion und TenneT vom 11. Mai 2020 hält ausdrücklich fest, dass der zielstrebige, effiziente, netzsynchrone und zunehmend marktorientierte Ausbau der erneuerbaren Energien ein entscheidender Faktor ist, um die energiepolitischen Klimaziele zu erreichen. Offshore-Windenergieanlagen können hierzu aufgrund der guten Standortbedingungen im Meer, der stetigen Stromerzeugung, der gesunkenen Technologiekosten und der hohen gesellschaftlichen Akzeptanz einen wichtigen Beitrag leisten. In der Offshore-Vereinbarung wird es für die Umsetzung des 20 GW-Ziels bis 2030 als notwendig angesehen, den Flächenentwicklungsplan („FEP“) bis Ende 2020 entsprechend fortzuschreiben.

Dazu werden nach dem neuen §5 Abs. 5 WindSeeG die Gebiete sowie die Flächen und die zeitliche Reihenfolge der auszuschreibenden Flächen und bezuschlagten Windenergieanlagen im FEP so festgelegt, dass zum jährlichen Gebotstermin (1. September eines jeden Jahres) Flächen ausgeschrieben werden können mit einer voraussichtlich zu installierenden Leistung von etwa 1 Gigawatt pro Jahr in den Jahren 2021 bis 2023, etwa 3 Gigawatt im Jahr 2024 und etwa 4 Gigawatt im Jahr 2025. Abweichungen hiervon sind zulässig, solange das erhöhte Ausbauziel für 2030 erreicht wird. Die Festlegungen im FEP sollen gewährleisten, dass in den Gebotsterminen ab dem Jahr 2026 Flächen ausgeschrieben werden, die einen stetigen Zubau versprechen. Zwischen dem Kalenderjahr der Ausschreibung für eine Fläche und dem Kalenderjahr der Inbetriebnahme der bezuschlagten Offshore-Windenergieanlagen auf dieser Fläche müssen mindestens so viele Monate liegen, dass die (nunmehr geänderten) Realisierungsfristen nach §59 WindSeeG (s. dazu noch unten) eingehalten werden können.

Die hiermit erfolgte Abschaffung eines festen Jahresziels unter dem neuen WindSeeG erlaubt insgesamt mehr Flexibilität beim Ausbau. Nach dem derzeitigen Entwurf des FEP soll die größte „Aufstockungsausschreibung“ im Jahr 2025 erfolgen. Vor dieser Ausschreibung benötigt das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie („BSH“) entsprechend Zeit für notwendige Voruntersuchungen der auszuschreibenden Flächen.

Der aktuelle Entwurf des FEP 2020 sieht folgende Ausbauschritte vor:

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"Die hiermit erfolgte Abschaffung eines festen Jahresziels unter dem neuen WindSeeG erlaubt insgesamt mehr Flexibilität beim Ausbau."

AusschreibungInbetriebnahmeFlächeNetzanbindungs-systemZu installierende Leistung Summe zu installierender Leistung
20212026N-3.7
N-3.8
O-1.3
NOR-3-3
NOR-3-3
OST-1-4
225 MW
433 MW
300 MW
958 MW
20222027N-7.2NOR-7.2930 MW930 MW
20232028N-3.5
N-3.6
NOR-3-2
NOR-3-2
420 MW
480 MW
900 MW
20242029N-6.6
N-6.7
N-9.1
N-9.2
NOR-6-3
NOR-6-3
NOR-9-1
NOR-9-1
630 MW
270 MW
1000 MW
1000 MW
2900 MW
20252030N-9.3
N-9.4
N-10.1
N-10.2
NOR-9-2
NOR-9-2
NOR-10-1
NOR-10-1
1000 MW
1000 MW
1000 MW
1000 MW
4000 MW

Quelle: BSH, Entwurf Flächenentwicklungsplan 2020 für die deutsche Nord- und Ostsee, 4. September 2020, S. 149

Zur Erreichung des erhöhten Ausbauziels für Offshore-Windenergie und zur besseren Koordinierung mit dem Netzausbau sieht das neue WindseeG insbesondere eine zusätzliche Vorabprüfung hinsichtlich der voraussichtlichen Fertigstellung der jeweiligen Netzanbindung durch die Bundesnetzagentur („BNetzA“) vor, weiter eine zeitliche Straffung des Errichtungsverfahrens für Offshore-Windenergieanlagen sowie Änderungen bei der Flächenausschreibung durch Erhöhung des Gebotshöchstwertes sowie im Fall von Null-Cent-Geboten, welche im Folgenden näher erläutert werden.

ÄNDERUNGEN DES AUSSCHREIBUNGSSYSTEMS

Vorabprüfung der Netzanbindung durch BNetzA

Die Nutzung des Offshore erzeugten Stroms erfordert die rechtzeitige Fertigstellung der zur Weiterleitung des Stroms erforderlichen Infrastruktur. Zur Synchronisierung des Ausbaus der Offshore-Windenergie sowie der Netzinfrastruktur wird durch das neue WindSeeG ein zusätzlicher Prüfungsschritt eingeführt: Vor der Bekanntmachung der Ausschreibung einer Fläche prüft die BNetzA, ob die notwendigen Netzkapazitäten für die Stromabnahme, -übertragung und -verteilung rechtzeitig geschaffen und fertiggestellt werden.

"Bei Vorliegen einer der Voraussetzungen kann die jeweilige Fläche im betreffenden Jahr nicht ausgeschrieben werden."

Im Einzelnen prüft die BNetzA,

  • ob der anbindungsverpflichtete Übertragungsnetzbetreiber den voraussichtlichen Fertigstellungstermin der Offshore-Anbindungsleitung nicht bekannt gemacht hat, oder
  • ob eine Stellungnahme des anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreibers vorliegt, dass die landseitige Anbindung zum voraussichtlichen Fertigstellungstermin der Offshore-Anbindungsleitung nicht in Betrieb gehen wird und keine geeigneten Alternativen umsetzbar sind.

Bei Vorliegen einer der Voraussetzungen kann die jeweilige Fläche im betreffenden Jahr nicht ausgeschrieben werden. Falls der Netzanschluss nach der Vorprüfung der BNetzA nicht rechtzeitig verfügbar sein wird, muss die Ausschreibung der betroffenen Fläche verschoben werden, bis eine Synchronisierung von Stromerzeugung und Anbindung sichergestellt werden kann. Eine Nachholung der Flächenausschreibung kann im Folgejahr erfolgen, sofern das Problem nicht mehr vorliegt. Im Bedarfsfall ist eine entsprechende Anpassung im FEP vorzunehmen.

Mit dieser Prüfung soll vor allem das Risiko minimiert werden, dass ein bereits fertiggestellter Offhore-Windpark mangels Netzkapazität nicht in Betrieb genommen werden kann und der Anlagenbetreiber hierfür auf Kosten der Stromkunden entschädigt werden muss.

Zeitliche Straffung der Errichtung

Um das 20-Gigawatt-Ziel innerhalb des Zeitplans realisieren und die Stromeinspeisung aus den Offhore-Windenergieanlagen möglichst weitgehend schon für das Jahr 2030 nutzbar machen zu können, werden Anpassungen in Form von Straffungen an den Realisierungsfristen und den Vorgaben im Flächenentwicklungsplan vorgenommen. So werden insbesondere die Fristen für die sogenannten Meilensteine unter dem geänderten §59 WindSeeG teilweise verkürzt:

  • Baubeginn: 6 (statt 3) Monate vor dem verbindlichen Netzanschlusstermin;
  • Betriebsbereitschaft mindestens einer Windenergieanlage: zum (statt 6 Monate nach dem) verbindlichen Netzanschlusstermin;
  • Betriebsbereitschaft aller Windenergieanlagen: 6 (statt 18) Monate nach dem verbindlichem Netzanschlusstermin.

Im Übrigen bleiben die Realisierungsfristen unter dem neuen WindSeeG unverändert. Insbesondere bleibt es für den Nachweis der Finanzierung bei den ursprünglichen 24 Monaten vor dem verbindlichen Netzanschlusstermin. Für den Fall einer Insolvenz des Anlagenherstellers wird die Möglichkeit der Verlängerung der Fristen für Errichtung und technische Betriebsbereitschaft um bis zu 18 Monate geschaffen.

Nach dem neuen §60 Abs. 2 Nr. 2 WindSeeG wird die Höhe der Pönale bei Nichteinhaltung der Frist für den Finanzierungsnachweis dergestalt geändert, dass nunmehr 100 % (statt 30 %) der bei der BNetzA für die Gebote zu hinterlegenden Sicherheit zu leisten sind.

"Statt des geplanten Modells einer zweiten Gebotskomponente ist nun zunächst ein Losverfahren vorgesehen."

Erhöhung des maximalen Gebotswerts

In den ersten Ausschreibungsrunden zur Ermittlung der Vergütungshöhe für bestehende Projekte kam es in den Jahren 2017 und 2018 erstmals zu Null-Cent-Geboten, d.h. der jeweilige Bieter beanspruchte keine Förderung mehr. Nach dem bisherigen WindSeeG entspricht der Höchstwert bei den kommenden Ausschreibungen dem niedrigsten Gebotswert zum Gebotstermin 1. April 2018, für den im Zuschlagsverfahren ein Zuschlag erteilt wurde. Angesichts dessen hätten in zukünftigen Ausschreibungsrunden nur noch Null-Cent-Gebote abgegeben werden können. Zwar steht es aufgrund der relativ guten Wettbewerbssituation bei der Offshore-Windenergie durchaus zu erwarten, dass auch in kommenden Ausschreibungen mehrere Bieter Null-Cent-Gebote abgeben werden. Allerdings ist nicht jedes Offshore-Projekt ohne zusätzliche Förderung wirtschaftlich realisierbar, auch in Anbetracht der Verschiedenheit der ausgeschriebenen Flächen.

"Für die Ausschreibungsrunde 2021 beträgt der Gebotshöchstwert 7,3 Eurocent/kWh, für die nächsten Ausschreibungsrunden wird er sodann sukzessive abgesenkt."

Vor diesem Hintergrund wird unter dem neuen WindSeeG der maximale Gebotswert erhöht. Die Festlegung eines Höchstwertes erfolgt auf der Grundlage ökonomischer Berechnungen anhand der Technologiekosten sowie unter Berücksichtigung der kostenrelevanten Eigenschaften der auszuschreibenden Flächen. Für die Ausschreibungsrunde 2021 beträgt der Gebotshöchstwert 7,3 Eurocent/kWh, für die nächsten Ausschreibungsrunden wird er sodann sukzessive abgesenkt auf 6,4 Eurocent/kWh für das Jahr 2022 und auf 6,2 Eurocent/kWh ab 2023 (§22 Abs. 1 WindSeeG).

Änderungen im Fall von Null-Cent-Geboten

Die im Fall mehrerer abgegebener Null-Cent-Gebote ursprünglich angedachte zweite Gebotskomponente für die nächste Ausschreibungsrunde im Herbst 2021 wurde während des Gesetzgebungsverfahrens vorerst wieder verworfen. Sie sollte Null-Cent-Bietern ermöglichen, in einem zweiten Gebotsdurchlauf ihre Zahlungsbereitschaft zum Ausdruck zu bringen. Die so ermittelte Zahlungsbereitschaft des Bieters sollte die Höhe eines an den Übertragungsnetzbetreiber zu zahlenden Offshore-Netzanbindungsbeitrags bestimmen.

In den letzten Monaten hatte sich die Offshore-Branche gemeinsam mit einer breiten Allianz aus Industrie, Finanzwirtschaft und Wissenschaft dafür eingesetzt, das im Gesetzesentwurf angedachte Modell der zweiten Gebotskomponente durch ein Modell der symmetrischen Marktprämie auszutauschen, welches dem aus anderen europäischen Ländern bekannten Differenzvertragsmodell (Contracts for Difference, „CfD“) entspricht. Im Gegensatz zum dynamischen Gebotsverfahren mit zweiter Gebotskomponente sind beim Modell der symmetrischen Marktprämie lediglich Mehrerlöse, die über den Zuschlagswert hinausgehen, zur Senkung der EEG-Umlage bzw. der Offshore-Netzumlage abzuführen. Fällt der Strompreis unter den in der Ausschreibung ermittelten Gebotswert, wäre der erfolgreiche Bieter hingegen nicht verpflichtet, Zahlungen zu leisten. Vielmehr würde der bezuschlagte Bieter – wie bisher – eine Vergütung für die Differenz zwischen dem Marktpreis und dem Zuschlagswert erhalten.

Statt des geplanten Modells einer zweiten Gebotskomponente ist nun zunächst ein Losverfahren vorgesehen, sodass im Falle mehrerer Null-Cent-Gebote das Los über einen Zuschlag entscheidet. Im Jahr 2022 soll die Bundesregierung dann prüfen, ob ein gesetzlicher Anpassungsbedarf besteht. Ferner soll die Bundesregierung die Ausschreibungsmodelle für Offshore-Windenergieanlagen in anderen EU-Ländern beobachten, um einen möglichen Anpassungsbedarf identifizieren zu können (§23a WindSeeG). Somit erscheint denkbar, dass der zunächst unterbliebene Wechsel zu einem CfD-Modell später noch erfolgt.

"Hiernach erstattet das BSH einem Projektinhaber unter bestimmten Voraussetzungen auf Antrag die Kosten für Untersuchungen für das Vorhaben."

Änderung oder Neuerteilung von Genehmigungen

Der neue §63a WindSeeG stellt klar, dass nachträgliche Änderungen und Neuerteilungen von Planfeststellungsbeschlüssen oder Plangenehmigungen keine Auswirkungen auf den Zuschlag haben. Derartige Änderungen oder Neuerteilungen berühren weder die Wirksamkeit noch den Umfang des Zuschlags.

Kostenerstattungsanspruch für Untersuchungen

Der neu eingeführte §10a WindSeeG regelt die Erstattung von notwendigen Kosten für Untersuchungen für Inhaber von Altprojekten. Hiernach erstattet das BSH einem Projektinhaber, dessen Planfeststellungsverfahren oder Genehmigungsverfahren aufgrund des Systemwechsels zum zentralen Modell beendet wurde oder dessen nach der Seeanlagenverordnung bereits erteilte Genehmigung durch das WindSeeG seine Wirkung verloren hat, unter bestimmten Voraussetzungen auf Antrag die Kosten für Untersuchungen für das Vorhaben. Der Antrag auf Kostenerstattung kann bis zum 30. Juni 2021 beim BSH gestellt werden.

Zu den Erstattungsvoraussetzungen gehört, dass

  1. das Vorhaben in einem der Cluster 9 bis 13 des Bundesfachplans Offshore für die deutsche ausschließliche Wirtschaftszone der Nordsee 2013/2014 des BSH geplant war,
  2. Untersuchungen für die Planfeststellung oder Genehmigung des Vorhabens notwendig waren, und
  3. die Ergebnisse und Unterlagen aus den Untersuchungen für die Voruntersuchung einer Fläche, die im FEP zur Ausschreibung vor dem 31. Dezember 2030 vorgesehen ist, verwertet werden können, was insbesondere voraussetzt, dass

a) die Untersuchungen zum Zeitpunkt der für die Ausschreibung erforderlichen Voruntersuchung von §10 Abs. 1 S. 1 WindSeeG (Untersuchungen zur Meeresumwelt, Vorerkundung des Baugrunds, Berichte über Wind- und ozeanographische Verhältnisse der betreffenden Fläche) erfasst sind; und

b) dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechen.

Hintergrund zur Einführung dieser Neuregelung ist der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts („BVerfG“) vom 20. August 2020 zu mehreren Verfassungsbeschwerden. In diesem Beschluss hat das BVerfG die aktuelle Fassung des WindSeeG und insbesondere das damit neu eingeführte „zentrale Modell“ für grundsätzlich verfassungskonform erachtet. Das „zentrale Modell“ beschreibt die staatliche Planung und Voruntersuchung von Flächen für Offshore-Windenergie-Anlagen und deren Ausschreibung, womit ein synchroner Ausbau von Windenergieanlagen und Netzanbindungen auf See, eine möglichst effiziente Nutzung der gesamten verfügbaren Flächen für Offshore-Windenergie in der ausschließlichen Wirtschaftszone und im Küstenmeer sowie ein intensiver Wettbewerb in den Ausschreibungen gewährleistet werden soll.

"Der strittigste Punkt im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens war die ursprünglich von der Bundesregierung vorgesehene zweite Gebotskomponente im Fall mehrerer Null-Cent-Gebote."

Allerdings entschied das BVerfG, dass das derzeitige WindSeeG insofern verfassungswidrig sei, als dass den Projektentwicklern, die Projekte in den Clustern 9 bis 13 durch die Umstellung auf das zentrale Modell verloren hatten, ohne ein Eintrittsrecht zu erhalten, unter bestimmten Voraussetzungen ein finanzieller Ausgleich für entstandene Kosten für Planungen und Voruntersuchungen gewährt werden müsse. Wegen der untergeordneten Bedeutung dieser Regelung gelte das WindSeeG aber bis zur Neuregelung der rechtlichen Grundlage für die Entschädigungszahlungen fort, die der Gesetzgeber bis zum 30. Juni 2021 schaffen müsse.

Mit dem neuen WindSeeG ist der Beschluss des BVerfG nunmehr bereits umgesetzt und eine entsprechende Regelung zur Kostenerstattung für Untersuchungen geschaffen worden.

Sonstige Energiegewinnung

Nach §5 Abs. 2a WindSeeG kann der FEP sonstige Energiegewinnungsbereiche i.S.d. §3 Nr. 8 WindSeeG außerhalb von Gebieten auf insgesamt 25 bis 70 Quadratkilometern festlegen, auf denen Windenergieanlagen auf See und sonstige Energiegewinnungsanlagen, die jeweils nicht an das Netz angeschlossen werden, in räumlichem Zusammenhang errichtet werden können und die dem Zulassungsverfahren unterliegen. Sonstige Energiegewinnungsanlagen sind gemäß §3 Nr. 7 WindSeeG Anlagen zur Erzeugung von Strom auf See aus anderen erneuerbaren Energien als Wind oder zur Erzeugung anderer Energieträger oder anderer Energieformen. Somit ist insbesondere die Erzeugung von Wasserstoff erfasst. Dies betrifft laut dem Entwurf des FEP 2020, S. 126, Flächen, welche für einen Netzanschluss zu klein sind. Der Entwurfs des FEP 2020 sieht je einen sonstigen Energiegewinnungsbereich in der Nordsee und einen in der Ostsee vor, wobei allein für Letzteren eine Trasse für eine Stromleitung an Land vorgesehen ist. Es handelt sich hier nicht um einen Netzanschluss (welcher für sonstige Energiegewinnungsbereiche per definitionem entfällt), sondern die vorgesehene Trasse würde dem Betreiber ermöglichen, eine eigene Stromleitung zu errichten und zu betreiben (z.B. für den Anschluss an einen Elektrolyseur an Land). Für den sonstigen Energiegewinnungsbereich in der Nordsee soll dagegen keine Leitung an Land zulässig sein.

Innerhalb von im FEP festgelegten sonstigen Energiegewinnungsbereichen in der ausschließlichen Wirtschaftszone ermittelt das BSH den für die jeweiligen Bereiche Antragsberechtigten durch Ausschreibung. Mit der Antragsberechtigung können Anträge auf Planfeststellung für den sonstigen Energiegewinnungsbereich gestellt werden, auf die sich der Plan bezieht. Bei Windenergieanlagen auf See, die nicht an das Netz angeschlossen sind, sowie bei sonstigen Energiegewinnungsanlagen darf der Plan nur festgestellt werden, wenn der Antragsteller über einen Zuschlag für den Bereich verfügt, auf den sich der Plan bezieht. Die Einzelheiten des Ausschreibungsverfahrens, insbesondere hinsichtlich der Vergabekriterien, sind allerdings nicht im neuen WindSeeG enthalten, sondern sollen zu einem späteren Zeitpunkt in einer eigenen Verordnung geregelt werden.

"Mit dem auf 20 Gigawatt erhöhten Ausbauziel für 2030 und dem neuen 40 Gigawatt-Ziel für 2040 kann die Offshore-Windenergie einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele in Deutschland leisten und dient damit zugleich als Fundament der Energiewende."

ANWENDBARKEIT/ÜBERGANGSREGELUNGEN

Das geänderte WindSeeG enthält neue Übergangsbestimmungen in Bezug auf spezielle Neuregelungen. Dies betrifft insbesondere die Änderungen bei den Realisierungsfristen und den Pönalen bei Nichteinhaltung der Fristen. So legen die neuen Übergangsbestimmungen in §59 Abs. 2 S. 2 und in §60 Abs. 3 S. 3 WindSeeG fest, dass die Anpassung der jeweiligen (Realisierungs-)Fristen in §59 bzw. §60 nicht für Zuschläge gilt, welche in den Ausschreibungen für bestehende Projekte erteilt wurden. In diesem Fall ist das WindSeeG in seiner vormals geltenden Fassung anzuwenden.

AUSBLICK

Nach langen Diskussionen wurde mit der Novelle des WindSeeG nun eine langfristige Perspektive für den Ausbau der Windenergie auf See geschaffen. Mit dem auf 20 Gigawatt erhöhten Ausbauziel für 2030 und dem neuen 40 Gigawatt-Ziel für 2040 kann die Offshore-Windenergie einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele in Deutschland leisten und dient damit zugleich als Fundament der Energiewende.

Allerdings lässt das neue WindSeeG die erforderlichen Weichenstellungen und Rahmenbedingungen für die Erzeugung von „grünem“ Wasserstoff aus Offshore-Windstrom vermissen, insbesondere mit Blick auf das energie- und klimapolitische Ziel der Bundesregierung, eine Elektrolysekapazität von 5 Gigawatt bis zum Jahr 2030 und weitere 5 Gigawatt bis spätestens 2040 zu erreichen. Zudem fehlen in der Novelle auch Vorgaben im Hinblick auf die von der Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag angekündigten kurzfristigen Sonderausschreibungen, um die erhöhten Ausbauziele durch die zusätzliche Vergabe von Flächen für den Bau neuer Offshore-Windparks verwirklichen zu können.

In Bezug auf das Ausschreibungsdesign sind sog. Null-Cent-Angebote auch weiterhin möglich. Der strittigste Punkt im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens war die ursprünglich von der Bundesregierung vorgesehene zweite Gebotskomponente im Fall mehrerer Null-Cent-Angebote. Auf diese wird jedoch nunmehr nach nachdrücklichen Einwänden insbesondere der Offshore-Windindustrie vorübergehend verzichtet, sodass jedenfalls in der Ausschreibungsrunde 2021 und in der Folge bis zu einer Neuregelung bei mehreren Null-Cent-Angeboten das Los entscheidet. Wie nach der späteren Evaluierung bei folgenden Ausschreibungen weiter verfahren wird, insbesondere ob die vielfach vorgeschlagenen und schon in mehreren europäischen Ländern in unterschiedlicher Gestaltung praktizierten Differenzmodelle Anwendung finden sollen, bleibt abzuwarten.

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