Die Ende 2015 initiierte Reform der Insolvenzanfechtung wird nun Gesetz, nachdem auch der Bundesrat das Gesetz in seiner März Sitzung hat passieren lassen. Das Gesetzesvorhaben (Gesetz zur Verbesserung der Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach der Insolvenzordnung und nach dem Anfechtungsgesetz) war hoffnungsvoll gestartet, um die ausufernde Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Vorsatz- anfechtung einzugrenzen. Allerdings war die geplante anfechtungsrechtliche Privilegierung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen umstritten, die vor allem dem Fiskus genutzt hätte, so dass das Gesetzesvorhaben ins Stocken geriet. Ein anderes Reformvorhaben, die Novellierung des § 104 InsO zum Netting bei Finanztermin- geschäften, wurde vorgezogen und kurzfristig umgesetzt.
Allgemein erwartet war, dass eine Reform der Insolvenzanfechtung in dieser sich dem Ende nähernden Legislaturperiode nicht mehr zum Tragen kommen werde. Umso überraschender war es, dass sich Mitte Februar ein Kompromiss abzeichnete und die anfechtungsrechtliche Privilegierung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen durch den Rechtsausschuss des Bundestages aus dem Gesetzentwurf gestrichen worden ist.
Kernpunkte der Reform
Zentraler Reformpunkt des Gesetzes ist die Eingrenzung der sogenannten Vorsatz- anfechtung des § 133 InsO. Nach der Rechtsprechung des BGH können bislang – verkürzt gesagt – Rechtshandlungen durch den Insolvenzverwalter angefochten werden, die bis zu zehn Jahre vor Insolvenzantragsstellung zurückreichen, wenn der Gläubiger von Zahlungsschwierigkeiten (drohende Zahlungsunfähigkeit) seines Schuldners Kenntnis hatte. Künftig ist eine Anfechtung nach dieser Vorschrift nur noch innerhalb eines Vier-Jahres- Zeitraums möglich, sofern die anfechtbare Rechtshandlung dem Gläubiger eine Sicherung oder Befriedigung ermöglicht
(§ 133 Abs. 2 InsO). Letzteres dürfte die ganz überwiegende Zahl der Fälle im Geschäftsleben betreffen wie bspw. die Rückzahlung eines Darlehens oder die Begleichung einer Kaufpreisforderung. Erschwerend kommt für den Insolvenz- verwalter hinzu, dass nunmehr in Fällen der sogenannten kongruenten Deckung Zahlungsunfähigkeit und nicht nur drohende Zahlungsunfähigkeit vorliegen muss (§ 133 Abs. 3 InsO).
Von einer kongruenten Deckung spricht man, wenn der Gläubiger die erhaltene Leistung genauso beanspruchen konnte. Auch wird in diesen Fällen positiv vermutet, dass der Gläubiger bei der Vereinbarung einer einfachen Stundungsabrede keine Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners hat.
Ferner wird die Vorsatzanfechtung bei einem Bargeschäft dadurch erschwert, dass der Anfechtungsgegner erkannt haben muss, dass der Schuldner unlauter gehandelt hat. Eine weitere Einschränkung erfolgt bei der Anfechtung von Arbeitsentgelten, hier wird ein Zeitraum von bis zu drei Monaten noch als Bargeschäft angesehen (§ 142 Abs. 2 InsO).
Schließlich wird künftig die Verzinsung des Anfechtungsanspruchs dahingehend verkürzt, dass die Verzinsung nicht – wie bislang – ab Eröffnung des Insolvenz- verfahrens sondern erst ab Klagerhebung erfolgt (§ 143 Abs. 1 Satz 2 InsO).
Inkrafttreten
Das Gesetz gilt für alle Insolvenzverfahren, die nach dem Tage der Verkündung des Gesetzes im Bundesgesetzblatt eröffnet worden sind, was voraussichtlich noch im März 2017 erfolgen wird.
Für laufende Insolvenzverfahren bleibt es grundsätzlich bei den bisherigen Regelungen. Lediglich für die Verzinsung des Anfechtungsanspruchs gibt es die Sonderregelung, dass der bisherige Zinslauf (Zinsen ab Eröffnung des Verfahrens) erhalten bleibt, aber der künftige Zinslauf (Zinsen ab Inkrafttreten des Gesetzes) davon abhängig ist, dass die Anfechtungsklage erhoben ist. Dies ist sicherlich eine Detailregelung. Sie wäre nicht sonderlich erwähnenswert, wenn sie nicht mittelbar die Chancen für eine rückwirkende Anwendung der neuen Anfechtungsvorschrift beträchtlich mindert. Da der Gesetzgeber durch diese Detailregelung zu erkennen gegeben hat, dass er das Gesetz ausdrücklich in nur ganz eingeschränktem Umfang rückwirkend anwenden will, lässt sich für Altfälle nicht ernsthaft argumentieren, dass der gesetzgeberische Wille zur Einschränkung der Vorsatzanfechtung zu berücksichtigen ist. In allen bislang eröffneten Insolvenzverfahren gelten die Einschränkungen der Neuregelung daher nicht. Ob der Bundesgerichtshof dennoch bereit ist, seine Rechtsprechung entsprechend der gesetzlichen Neuregelung zu modifizieren, bleibt abzuwarten. Schließlich betrafen die bisherigen BGH Urteile nicht Fälle, in denen die anfechtbaren Rechtshandlungen länger als vier Jahre zurücklagen.