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Strompreisabschöpfung unwirksam? - Wie Sie Ihre Rechtsposition auf Rückerstattung des Abschöpfungsbetrages sichern11 August 2023

1. Hintergrund

Seit Anfang März gilt in der Bundesrepublik rückwirkend zum Januar die „Strompreisbremse“. Mit dem entsprechenden Gesetz (StromPBG) will die Bundesregierung nach eigenen Worten „Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen von den stark gestiegenen Energiekosten entlasten.“

Um die Entlastung zu finanzieren, schöpft der Staat Verkaufserlöse der Stromerzeuger, die einen politisch festgelegten „Sockelbetrag“ überschreiten, ab. Dabei geht der Gesetzgeber offensichtlich davon aus, dass die Stromerzeuger infolge der jüngsten Strompreissteigerungen übermäßige Gewinne erzielen.

Der „Überschusserlös“, von dem die Stromerzeuger 90 Prozent abführen müssen, errechnet sich gemäß § 16 StromPBG aus der Differenz zwischen dem politisch festgelegten Sockelbetrag und dem durchschnitt­lichen aktuellen Spotmarktpreis. Aus den Abschöpfungsbeträgen finanziert der Staat Zahlun­gen an die Verbraucher, mit denen er deren Strompreis auf einen Maximalbetrag deckelt.

Der Sockelbetrag ist nicht flexibel, sondern für jeden Primärenergieträger für die Stromerzeugung fixiert. Mit steigendem Spotmarktpreis schöpft der Staat also bei den Erzeugern zunehmende Summen ab. Dabei ist unerheblich, ob der Stromerzeuger tatsächlich einen Gewinn erzielt hat; er kann theoretisch auch dann zur Abführung des Überschusserlöses verpflichtet sein, wenn dies nicht der Fall ist.

2. Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Strompreisabschöpfung

Die Regelung zur Strompreisabschöpfung geht davon aus, die Erzeuger würden wesentliche Anteile ihrer Stromerzeugung am Spot­markt verkaufen und deshalb übermäßig von aktuellen Preissteigerungen profitieren. Tatsächlich aber sind erhebliche Teile der Produktion bereits Jahre im Voraus zu festen Preisen an die Kunden verkauft. Die politisch angenommenen Erlöse sind also teils fiktiv, werden aber real abgeschöpft.

Der zugrundeliegende Gedanke, der Staat müsse „unredliche“ bzw. „unverdiente“ Überschüsse abschöp­fen, ersetzt wirtschaftliche durch moralische Kategorien und trägt Züge eines planwirtschaftlichen Kon­zepts.

Die Regelung verstößt gegen das Gebot der Gleichbehandlung und ist daher möglicherweise verfassungs­widrig:

  • Erzeuger, die am Spotmarkt verkaufen und den Abschöpfungsbetrag wie oben beschrieben nach § 16 StromPBG berechnen, können Verluste aus Sicherungsgeschäften vom Überschusserlös ab­ziehen und damit den abzuschöpfenden Betrag verringern.
  • Erzeuger hingegen, die ihre Kunden im Rahmen anlagenbezogener PPA (Power Purchase Agreements) beliefern, können gemäß § 18 des Gesetzes die Differenz zwischen dem Sockelbetrag und dem im PPA vereinbarten Strom­kaufpreis ansetzen. Sie dürfen allerdings das Ergebnis aus Sicherungsgeschäften nicht vom Erlös abziehen, obwohl – anders, als es der Gesetzgeber sich offenbar vorstellt – auch PPA häufig indexorientierte Preise beinhalten und damit ebenfalls absicherungsbedürftig sind. Entscheiden sie sich aber für die Ermittlung des Überschusserlöses nach § 16 StromPBG, dann wird dieser nach dem Spotmarktpreis ermittelt, der ggf. erheblich über dem im PPA vereinbarten Verkaufs­preis liegt.
3. Absicherung der Rechtsposition Ihres Unternehmens

Es besteht die Möglichkeit, einen „Festsetzungsbeschluss“ der zuständigen Regulierungsbehörde, der Bundesnetzagentur, herbeizuführen. Gegen den Festsetzungsbeschluss kann Beschwerde eingelegt werden. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf wäre der implementierte Abschöpfungsmechanismus als verfassungswidrig zu rügen. Dann könnte das OLG Düsseldorf die Sache dem Bundesverfassungsgericht vorlegen. Voraussetzung hierfür ist, dass die vorlegende Kammer von der Verfassungswidrigkeit der betreffenden Norm überzeugt und die Norm für die Entscheidung erheblich ist.

4. Was bedeutet die Verfassungswidrigkeit des StromPBG für Ihr Unternehmen?

Grundsätzlich hätte dies die Unwirksamkeit der Strompreisabschöpfung zur Folge. Das bedeutet, dass Sie Anspruch auf Rückerstattung aller abgeführten Abschöpfungsbeträge gegen den für Sie zuständigen Übertragungsnetzbetreiber haben.

Unsere Empfehlung:
Schützen Sie Ihre Rechtsposition in den laufenden Abschöpfungsverfahren! Handeln ist besser als Zuwarten.

Gerne stehen wir Ihnen mit Rat und Tat zur Seite.

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