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Newsletter: Öffentlicher Sektor – Juni 202123 June 2021

Willkommen zu unserer dritten Ausgabe des Öffentlichen Sektor Newsletters von Watson Farley & Williams.

THEMA DES MONATS

Umwelt- und Nachhaltigkeitskriterien im Vergaberecht

Die Relevanz der Themen Umweltschutz und Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Wirtschaft kann angesichts derzeitiger Entwicklungen kaum mehr bestritten werden. Umso verständlicher erscheint es daher vor dem Hintergrund eines Beschaffungsvolumens der öffentlichen Auftraggeber von rund EUR 360 Milliarden pro Jahr (etwa 13 Prozent des Bruttoinlandsprodukts), dass sich der Gesetzgeber öffentlichen Auftraggebern zuwendet und bei der Beschaffung von Liefer-, Dienst-, und Bauleistungen regulierend tätig wird. Hierbei bietet sowohl das Vergaberecht als auch die Gesetzgebung gewichtige Anknüpfungspunkte, die eine nachhaltige Beschaffung ermöglichen und die im Folgenden aufgezeigt werden sollen.

1. Anknüpfungspunkte im Vergaberecht

Innerhalb des Vergaberechts kann eine nachhaltige, umweltfreundliche und gleichzeitig wirtschaftliche Beschaffung auf verschiedenen Ebenen erreicht werden. Dazu gibt das „Rechtsgutachten umweltfreundliche öffentliche Beschaffung“ in der aktualisierten Fassung vom Oktober 2020 einige zielführende Hinweise.

Schon im Vorfeld eines Vergabeverfahrens können Auftraggeber festlegen, auf welche Weise die Themen Umwelt und Nachhaltigkeit abgebildet werden können. Vielfach wird dazu auch eine Markterkundung als Vorbereitungsmaßnahme erforderlich werden, um sich einen Überblick über nachhaltige und innovative Lösungen verschaffen zu können. Dabei können Vorgaben sowohl in der Leistungsbeschreibung als auch im Rahmen der Eignungs- und Zuschlagskriterien berücksichtigt werden. Schließlich lässt sich aber auch im Vertrag durch sog. Ausführungsbedingungen eindeutig definieren, wie die Leistungen unter Berücksichtigung von Umwelt- und Nachhaltigkeitsaspekten zu erbringen sind.

Regelmäßig liegt der Schwerpunkt auf den Wertungs- und Zuschlagskriterien, da diese eine nachhaltige und umweltfreundliche Beschaffung zu wirtschaftlichen Bedingungen ermöglichen.

Während in der bisherigen Anwendungspraxis insbesondere der Preis im Sinne eines Anschaffungs- bzw. Betriebspreises neben leistungsbezogenen als wesentliches Bewertungs- und Zuschlagskriterium herangezogen wurde, blieben die sog. Lebenszykluskosten weitgehend außer Betracht was auch daran liegen mag, dass eine Verpflichtung zur Berücksichtigung von Lebenszykluskosten lediglich für die Beschaffung von energieverbrauchsrelevanten Gegenständen in § 67 VgV normiert ist, wonach von den Bietern energieverbrauchsrelevante Daten abzufragen sind. Als Lebenszykluskosten werden alle relevanten Kosten bezeichnet, die ein Produkt während seines gesamten Produktlebenszyklus verursacht. Dies schließt auch die „versteckten“ Kosten ein, etwa Verbrauchs- und Entsorgungskosten. Auf diese Weise kann zum Bespiel durch einen Vergleich unterschiedlicher Varianten von Produkten festgestellt werden, ob und in welchen Umfang die umweltfreundliche Variante im Vergleich zur konventionellen Variante eines Produkts oder einer Leistung auch aus ökonomischer Sicht insgesamt besser abschneidet. In die Berechnung von Lebenszykluskosten können dabei gemäß § 59 Abs. 2 VgV miteinfließen

• die Anschaffungskosten; dazu können die Liefer- und Installationskosten einschließlich Arbeits-, Material-, Verwaltungs- und Testkosten gehören;
• die Nutzungskosten, insbesondere den Verbrauch von Energie und anderen Ressourcen. Je nach Art der Leistung kann eine Differenzierung sinnvoll sein, z. B. bei elektronischen Geräten „im Regelbetrieb, in Volllast und in Stand-by“. Weitere Kosten können anfallen für Raumbedarf, Betrieb, Hilfs- und Betriebsstoffe, Ausfallkosten sowie Nebenkosten, wie Versicherungskosten, Lizenz- und Nutzungsgebühren;
• die Wartungskosten, wie z. B. Kosten für Instandhaltung und Reparatur (Arbeitszeit, Hilfsstoffe, Ersatzteile);
• Kosten am Ende der Nutzungsdauer, insbesondere die Abholungs-, Entsorgungs- oder Recyclingkosten, oder
• Kosten, die durch die externen Effekte der Umweltbelastung entstehen, die mit der Leistung während ihres Lebenszyklus in Verbindung stehen, solange ihr Geldwert nach § 59 Abs. 3 VgV berechnet werden kann. Derartige Kosten können Kosten der Emission von Treibhausgasen und anderen Schadstoffen sowie sonstige Kosten für die Eindämmung des Klimawandels umfassen.

Der Auftraggeber hat dabei eine Methode vorzugeben, wie die jeweiligen Kosten berechnet werden sollen, wobei er in der Wahl dieser Methode grundsätzlich frei ist, da die Aufzählung in § 59 Abs. 2 VgV nicht abschließend ist. Denkbar wäre daher beispielsweise, dass Energieverbrauchskosten durch Vorgabe eines prognostizierten Anteils der verschiedenen Betriebszustände der energieverbrauchsrelevanten Geräte und eines für die Zwecke der Wertung unterstellten Referenzstrompreises zu ermitteln sind. Aber auch im Bereich der Vergabe von Planungs- und Bauleistungen können Lebenszykluskosten Berücksichtigung finden. So könnten dort etwa Kosten für erforderliche Behelfsbauten, Baustoffe oder für den Betrieb ebenso erhoben werden wie für die anschließende Beseitigung oder anderweitige Nutzung des Gebäudes.

Während also grundsätzlich auf erster Stufe lediglich der Preis für die Anschaffung zulässiges Bewertungskriterium sein kann, erlaubt § 59 Abs. 2 VgV eine Betrachtung all jener Kosten, die von der Herstellung bis zur Verwertung des Produkts anfallen können, und deren Einbeziehung in die Wertung. Was auf den ersten Blick wie reiner Selbstzweck zu Gunsten des Umweltschutzes wirkt, ist bei naher Betrachtung vom Gebot der Wirtschaftlichkeit gedeckt. Denn häufig sind lediglich oder mit erheblicher Gewichtung die Anschaffungskosten Bestandteil der Wertung – wie etwa im Bereich der IT-Beschaffung. Gleichzeitig geraten dabei Wartungs- und Nutzungskosten, Kosten für Ersatzteile oder die Verwertung nach Ablauf der Nutzungsdauer aus dem Blickfeld der öffentlichen Auftraggeber.

Insgesamt gilt, dass Auftraggeber einen großen Spielraum bei der Festlegung von Bewertungs- und Zuschlagskriterien wie auch bei der Gestaltung von Wertungsmatrizen haben.

2. Anknüpfungspunkte in der Gesetzgebung

a) Saubere-Fahrzeuge-Beschaffungs-Gesetz

Mit Zustimmung des Bundestages zum Entwurf des Saubere-Fahrzeuge-Beschaffungs-Gesetz (SaubFahrzeugBeschG) vom 5. Mai 2021, setzte der Gesetzgeber die Vorgaben der Richtlinie (EU) 2019/1161 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Änderung der Richtlinie 2009/33/EG über die Förderung sauberer und energieeffizienter Straßenfahrzeuge (sog. „Clean Vehicles Directive“ – CVD) um. Danach gilt, dass für bestimmte Nutzfahrzeuge (, die nach dem 2. August 2021 beschafft werden sollen (maßgeblich ist der Tag der Bekanntmachung bzw. die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots), die nachfolgenden Emissionswerte eingehalten werden müssen:

Fahrzeugklassen2. August 2021 bis
31. Dezember 2025
1. Januar 2026 bis
31. Dezember 2030
gCO2/km
Luftschadstoffemissionen im praktischen Fahrbetrieb¹ als Prozentsatz der Emissionsgrenzwerte²gCO2/km
Luftschadstoffemissionen im praktischen Fahrbetrieb¹ als Prozentsatz der Emissionsgrenzwerte²
M1 (PKW
< 3,5 t)
5080 %0 k. A.
M2 (LKW
> 3,5 t
5080 %0 k. A.
N1 (Busse
> 5 t)
5080 %0 k. A.

¹ Angegebene maximale Emissionswerte für die Anzahl ultrafeiner Partikel (PN) in #/km und Stickoxide (NOx) in mg/km im praktischen Fahrbetrieb (RDE), wie in Nummer 48.2 der Übereinstimmungsbescheinigung angegeben, gemäß Anhang IX der Richtlinie 2007/46 EG sowohl für vollständige als auch für innerstädtische RDEFahrten.
² Die geltenden Emissionsgrenzwerte gemäß Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 in der jeweils geltenden Fassung.

Zudem werden durch das SaubFahrzeugBeschG feste Beschaffungsquoten eingeführt. So müssen 38,5 Prozent aller in den o. g. Zeiträumen beschafften PKW diesen Anforderungen entsprechen. Mindestens 45 Prozent aller ab dem 2. August 2021 neu anzuschaffender Linienbusse müssen dann „saubere“ Fahrzeuge im Sinne der CVD bzw. des SaubFahrzeugBeschG sein, für Lkw gilt eine Quote von 10 Prozent. Für Busse gilt zusätzlich: Jeweils die Hälfte davon muss wiederum komplett emissionsfreie Antriebe haben. Ab Jahresbeginn 2026 gelten 65 Prozent für Busse und 15 Prozent für Lkw.

Da das Gesetz gleichermaßen für Verträge über Kauf, Leasing oder Anmietung von Straßenfahrzeugen sowie öffentliche Dienstleistungsaufträge (bspw. ÖPNV-Busse) sowie Dienstleistungsaufträge über Verkehrsdienste (bspw. Paket- und Postdienste) gilt, werden öffentliche Auftraggeber im Rahmen des Mobilitätswandels vor erhebliche Herausforderungen gestellt. Jedoch bietet auch hier das Vergaberecht wie auch das sich daran anschließende Vertragsrecht – etwa durch sog. Innovierungsklauseln – umfassende Gestaltungsmöglichkeiten, um dieser Herausforderung zu begegnen.

b) Lieferkettengesetz

Eine weitere Neuerung im Bereich der nachhaltigen Beschaffung stellt der am 11. Juni 2021 vom Bundestag verabschiedete „Entwurf eines Gesetzes über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten“, das sogenannte Lieferkettengesetz dar. Mit dem Gesetz sollen deutsche Unternehmen verpflichtet werden, ihrer globalen Verantwortung für die Achtung von Menschenrechten und Umweltstandards besser nachzukommen. Das Gesetz tritt weitestgehend am 1. Januar 2023 in Kraft.

Mit Blick auf das Vergaberecht bestehen verschiedene Anknüpfungspunkte, bei denen das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz relevant wird.

Konkret wird in § 22 LkSG geregelt, dass Unternehmen bis zur nachgewiesenen Selbstreinigung nach § 125 GWB von der Teilnahme an öffentlichen Vergabeverfahren ausgeschlossen werden sollen, wenn diese aufgrund eines rechtskräftig festgelegten Verstoßes nach der einschlägigen Bußgeldvorschrift i.S.d. § 24 Abs. 1 LkSG mit einer Geldbuße nach § 24 Abs. 2 LkSG belegt worden. Ein Ausschluss setzt dabei regelmäßig eine Geldbuße von wenigstens 175.000 EUR voraus. Der Ausschluss darf nur innerhalb eines Zeitraums von bis zu drei Jahren erfolgen. Im Rahmen der fakultativen Ausschlussgründe wird § 124 Abs. 2 GWB entsprechend um den Verweis auf § 22 LKSG ergänzt.

Darüber hinaus könnte die Einhaltung der Voraussetzungen des Lieferkettengesetzes als Mindestanforderung an die Eignung festgelegt werden. Nach § 124 Abs. 1 Nr. 1 GWB kann der öffentliche Auftraggeber Teilnehmer vom Vergabeverfahren ausschließen, wenn das Unternehmen bei der Ausführung öffentlicher Aufträge nachweislich gegen geltende umwelt-, sozial- oder arbeitsrechtliche Verpflichtungen verstoßen hat. Dabei ist ein Verstoß „nachweislich“ nicht nur bei einer rechtskräftigen Verurteilung, sondern auch bereits bei gesicherten Erkenntnissen. Damit wird ein Ausschluss grundsätzlich auch über den Anwendungsbereich des § 22 LkSG hinaus eröffnet.

Weiter kann die Einhaltung der Vorgaben des Gesetzes als Ausführungsbedingung nach § 128 Abs. 2 GWB festgelegt werden. Bei der konkreten Ausführung des öffentlichen Auftrags müssten dann die entsprechenden Vorgaben des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes beachtet werden. Eine solche Bedingung muss dabei jedoch im Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen, § 127 Abs. 3 GWB.

AKTUELLE ENTWICKLUNGEN

Freistaat Bayern – Neue Richtlinie zur Rückforderung von Zuwendungen bei schweren Vergabeverstößen

Mit der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen und für Heimat vom 25. Februar 2021 wurde die neue Richtlinie zur Rückforderung von Zuwendungen bei schweren Vergabeverstößen (Rückforderungsrichtlinie – RZVR) veröffentlicht. Die Bekanntmachung ist mit Wirkung vom 1. März 2021 in Kraft getreten.

Die Richtlinie verweist in Ziffer 1. auf die Beachtung der Vergabevorschriften als Auflage für die Zuwendungsempfänger über die jeweiligen Allgemeinen Nebenbestimmungen. In Ziffer 2. findet sich das bei Vergabeverstößen einschlägige Verfahren. Grundsatz ist, dass die Bewilligungsbehörde bei Verstößen gegen vergaberechtliche Bestimmungen gemäß Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 2 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes den Zuwendungsbescheid ganz oder teilweise widerrufen und die Zuwendung insoweit zurückfordern kann. Eine Aufzählung der schweren Vergabeverstöße ist in Ziffer 3. enthalten. Dabei handelt es sich z.B. um die Durchführung von Direktaufträgen, Freihändigen Vergaben oder Verhandlungsvergaben ohne die dafür notwendigen vergaberechtlichen Voraussetzungen oder das Übergehen oder Ausscheiden des wirtschaftlichsten Angebots durch grob vergaberechtswidrige Wertung.

Im Rahmen des Abrufs von Fördermitteln beim Zuwendungsgeber und nach Abschluss der geförderten Maßnahme haben Zuwendungsempfänger stets die Dokumentation der durchgeführten Vergabeverfahren vorzulegen (vgl. ganz aktuell Ziffer 5.1. i.V.m. Ziffer 7.6.1 der Richtlinie zur Förderung von Vorhaben zur Digitalisierung der Prozesses und Strukturen im Verlauf eines Krankenhausaufenthaltes von Patientinnen und Patienten nach § 21 Absatz 2 KHSFV in der Version vom 1. Dezember 2020, die den Zuwendungsempfänger zur durchgehenden Berücksichtigung der Vorgaben des nationalen und europäischen Vergaberechts verpflichtet). Ergeben sich aus diesen Dokumenten Unstimmigkeiten, führt dies regelmäßig zu weitergehenden Ermittlungen des Zuwendungsgebers und ggf. zur Rückforderung der Zuwendung. Die neue Rückforderungsrichtlinie gibt eine klare Vorgehensweise für den Fall von Vergabeverstößen vor.

Inkrafttreten des Wettbewerbsregisters

Der Wettbewerbsregister verpflichtet öffentliche Auftraggeber, vor der Erteilung des Zuschlags beim Bundeskartellamt, aktuelle Eintragungen des für den Zuschlag vorgesehenen Unternehmens abzufragen. Dies betrifft – wie bereits in unserem vergangenen Newsletter ausgeführt – Aufträge mit einem geschätzten Auftragswert von über EUR 30.000,00 (brutto).

Das Wettbewerbsregister stellt öffentlichen Auftraggebern, Sektorenauftraggebern und Konzessionsgebern für Vergabeverfahren Informationen zur Verfügung, die es den Auftraggebern ermöglichen, zu prüfen, ob ein Unternehmen wegen begangener Wirtschaftsdelikte vom Vergabeverfahren auszuschließen ist oder ausgeschlossen werden kann. Auftraggeber, die bislang weitgehend auf die Angaben der Unternehmen selbst angewiesen sind, können künftig durch eine Abfrage beim Wettbewerbsregister objektiv das Vorliegen von Ausschlussgründen prüfen. Das Wettbewerbsregister trägt damit zur Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität bei und stärkt die Compliance bei Unternehmen.

Mit Mitteilung vom 25. März 2021 meldete das Bundeskartellamt den Betrieb des Wettbewerbsregisters aufzunehmen. Mitteilende Behörden und öffentliche Auftraggeber können sich jederzeit registrieren. Für die Registrierung und Nutzerverwaltung der mitteilenden Behörden und Auftraggeber verwendet das Bundeskartellamt das im Bereich der Justiz etablierte Identitätsmanagementsystem SAFE (Secure Access to Federated e-Justice/ e-Government) sowie zur Übermittlung der Registrierungsanträge das elektronische Behördenpostfach (beBPO). Dabei können sich solche Behörden, die nach dem WRegG mitteilungspflichtig sind bzw. öffentliche Auftraggeber, Sektorenauftraggeber und Konzessionsgeber, die nach dem WRegG abfrageverpflichtet bzw. -berechtigt sind, registrieren.

AKTUELLE RECHTSPRECHUNG

Angabe von Höchstmengen in Rahmenvereinbarungen (EuGH, Urteil vom 17.06.2021 – C-23/20)

In der Auftragsbekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union sind sowohl eine Schätzmenge und/oder ein Schätzwert als auch eine Höchstmenge und/oder ein Höchstwert der aufgrund der Rahmenvereinbarung zu liefernden Waren anzugeben. Dies ist für einen Bieter von erheblicher Bedeutung, da er auf der Grundlage dieser Schätzung seine Leistungsfähigkeit zur Erfüllung der Verpflichtungen beurteilen kann. Wird die angegebene Menge oder der Wert erreicht, verliert die Rahmenvereinbarung ihre Wirkung.

Dokumentation von Wertungsvorgängen (OLG München, Beschluss vom 26.02.2021 – Verg 14/20)

Zwar ist dem Auftraggeber bei der Prüfung und Bewertung der Angebote ein Beurteilungsspielraum eingeräumt. Dennoch ist er verpflichtet, die Gründe für die Auswahlentscheidung und den Zuschlag zu dokumentieren. Bedient sich der Auftraggeber eines aus Preis und qualitativen Aspekten zusammengesetzten Kriterienkatalogs, bei dem die Angebote hinsichtlich der Qualitätskriterien mittels eines Benotungssystems bewertet werden und die Bewertungsmethode des Preises nur enge Kompensationsmöglichkeiten für qualitative Abzüge erwarten lässt, muss der Auftraggeber seine für die Zuschlagserteilung maßgeblichen Erwägungen in allen Schritten so genau dokumentieren, dass nachvollziehbar ist, welche konkreten qualitativen Eigenschaften der Angebote mit welchem Gewicht in die Benotung eingegangen sind.

Abweichung von Leistungsvorgaben (VK Bund, Beschluss vom 23.04.2021 – VK 2-29/21)

Gibt der Auftraggeber in den Vergabeunterlagen eine zwingende Reihen-folge des Einbaus vor und enthält der Bauzeitenplan eines Bieters eine Baubeschreibung, die eine andere als die vorgegebene Reihenfolge enthält, weicht sein Angebot von den Vorgaben der Vergabeunterlagen ab. Aufgrund der Änderung der Vergabeunterlagen bietet der Auftragnehmer nicht das an, was der Auftraggeber vorgegeben hat. Sein Angebot ist daher auszuschließen.

Schadenersatz bei rechtswidrigem Ausschluss vom Verfahren (BGH, Urteil vom 08.12.2020 – XIII ZR 19/19)

Sofern der öffentliche Auftraggeber ein Vergabeverfahren rechtswidrig aufhebt, steht dem Bieter, auf dessen Angebot bei Vergabe des Auftrags der Zuschlag zu erteilen gewesen wäre, ein Schadensersatzanspruch zu. Der Anspruch ist auf den Ersatz des Schadens gerichtet, der dem Bieter durch die mangelnde Beachtung der für das Verfahren und seine mögliche Aufhebung maßgeblichen Vorschriften entstanden ist.

Dieser zu ersetzende Schaden besteht grundsätzlich in den Aufwendungen, die der Bieter zur Wahrnehmung seiner Chance auf einen Zuschlag vorgenommen hat und hierzu für erforderlich halten durfte. Personalkosten für die Angebotserstellung sind dabei auch ohne konkreten Nachweis des Bieters, dass er ohne diesen Aufwand durch deren Tätigkeit anderweitig Ein-nahmen erwirtschaftet hätte, ersatzfähig.

Ein Anspruch auf Ersatz entgangenen Gewinns kommt grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn das Vergabeverfahren mit einem Zuschlag abgeschlossen wird, der Zuschlag jedoch nicht demjenigen Bieter erteilt wird, auf dessen Angebot bei Beachtung der maßgeblichen vergaberechtlichen Vorschriften allein ein Zuschlag hätte erteilt werden dürfen.

Auftragswertschätzung bei Bau- und Planungsleistungen (OLG Schleswig, Beschluss vom 07.01.2021 – 54 Verg 6/20)

Bei der Schätzung des Auftragswerts ist von dem voraussichtlichen Gesamtwert der vorgesehenen Leistung ohne Umsatzsteuer auszugehen. Der Auftragswert ist anhand einer funktionalen Betrachtungsweise zu ermitteln. Bevor eine Aufteilung in verschiedene Aufträge erfolgen darf, sind organisatorische, inhaltliche, wirtschaftliche und technische Zusammenhänge zu berücksichtigen. Ein einheitlicher Auftrag ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der eine Teil ohne den anderen keine sinnvolle Funktion zu erfüllen vermag. Besteht zwischen zwei Bauvorhaben kein so enger Zusammenhang, dass der eine Komplex nicht ohne den anderen genutzt werden kann, führt die damit mögliche getrennte funktionale Nutzung zu der Annahme verschiedener Vorhaben. Die Auftragswertschätzung muss dokumentiert werden, und zwar umso genauer, je mehr sich der Auftragswert dem Schwellenwert nähert.

VERANSTALTUNGEN

VeranstaltungenDatum
Klinikimmobile: Umsetzung von Innovations- und Technologiepartnerschaften – Lösungsansätze zur Modernisierung medizinischer Infrastrukturen24.06.2021
Alcatel: DigitalPakt Schule – bisherige Erfahrungen in der Beschaffung und aktuelle Praxisfragen01.07.2021
Alcatel: IT-Sicherheit – welche Neuerungen sind zu erwarten15.07.2021